EDITORIAL

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LIEBE LESERIN, LIEBER LESER

Christen werden immer wieder als «radikal» bezeichnet – ein provokatives Wort, versteht man heute darunter doch oft «Rücksichtslosigkeit, Extremismus und Gewalt».

Dabei ist die ursprüngliche Bedeutung von radikal etwas ganz anderes: «gründlich, einer Sache auf den Grund gehen, wurzeltief» (abgeleitet von lat. radix, «Wurzel»). Radikal meint ganz und gar, gradlinig, überzeugt von der Richtigkeit einer überprüften Sache, für die man konsequent einsteht. Ein Christ hat den Auftrag, ein Botschafter Jesu zu sein, das Evangelium von der Gnade Gottes zu bezeugen. Gott möchte die Rettung aller Menschen. Das schliesst Gewalt aus. Liebe kämpft in Klarheit für die Wahrheit, lässt aber dem anderen die Freiheit, sie anzunehmen oder abzulehnen. Gott ist Liebe – aber auch Wahrheit.

Radikalen Christen wird vorgeworfen, sie würden sich und ihre Meinung zum Massstab machen und sie andern aufzwingen. Weit gefehlt. Christen unterstellen sich selbst dem Massstab des Christus. Dr. med. Börner beugte sich unter Gottes Gebot «Du sollst nicht töten» und nicht unter das Diktat der Klinikleitung. Gekostet hat es ihn seine Stelle als Chefarzt. (Lesen Sie mehr dazu im Interview ab Seite 14.)

Bleierne Schwere legt sich auf mein Herz. Traurig stehe ich vor der Bücherwand in den Räumen einer christlichen Gemeinde. Aufgereiht sind Titel eines bekannten Autors. Er hält teils echt berührende Predigten über Jesus und hat grossen Zulauf. Endlich einer, der über Konfessionsgrenzen hinweg das verbindende Element betont. Einheit unter Christen – wer sehnt sich nicht danach?

Doch zu welchem Preis? Darf man einfach darüber hinwegsehen, wenn zentrale Aussagen der Bibel umgedeutet oder unterschlagen werden?

Nicht etwa, dass wir Christen als «radikal» bezeichnet werden, bereitet mir wirklich Sorge, sondern dass offenbar viele – ohne es zu merken – den radikalen Absolutheitsanspruch, den Gott für sich fordert, opfern. Zwar wird mit grossem Einsatz und eindeutigen Worten verkündet: «Jesus ist der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater als allein durch mich» (Joh. 14,6), aber daneben werden auch «notwendige Glaubens-Konstrukte» festgelegt, die dem Herzstück des Evangeliums diametral entgegenstehen. Wo heisst es in der Bibel, dass bestimmte Gebetsrituale, spezielle Strategien und besondere Geisteserfahrungen nötig sind, um Gottes Wirken zu erleben? Dass jemand anders als Jesus uns frei machen kann von unseren Sünden, oder dass wir zu jemand anderem beten sollen, als nur zu Gott?

«Unsere ‹Radix› muss in Ihm sein, fest verankert. Nur das bewahrt uns vor geistlicher Blindheit.»

Im Buch der Offenbarung warnt uns Gott sehr eindringlich vor der Verführung unserer Zeit: Sie kommt nicht plump um die Ecke, sondern christlich getarnt. Deshalb fordert uns die Bibel auf, alles – und ganz besonders das, was geistliche Führer lehren – zu prüfen. Je besser wir mit dem Original, sprich Gottes Wort, vertraut sind, desto schneller erkennen wir eine Fälschung. Es mag noch so fromm daherkommen – wer über Jesus viel Richtiges sagt, aber insgeheim einen anderen Erlösungsweg – «Bibel plus» oder «Bibel minus» – verkündet, ist ein Irrlehrer, ein Verführer. Das sagt Gott in seinem Wort, nicht ich. Er wird einst Rechenschaft fordern.

Die evangelikale Welt heute ist gespalten, tief gespalten. Francis A. Schaeffer hat schon Ende des letzten Jahrhunderts besorgt geschrieben:

«Wenn die Heilige Schrift durch theologische Infiltration und Kompromisse und ebenso durch kulturelle Infiltration und Kompromisse nach und nach zerstört wird, haben wir als bibelgläubige Christen dann den Mut, die Wasserscheide aufzuzeigen? Werden wir den Mut haben, eine Linie zu ziehen – und zwar öffentlich zwischen denen, die der gesamten Bibel glauben, und denen, die theologisch und kulturell infiltriert sind? Wenn wir diesen Mut nicht haben, dann untergraben wir den Boden, auf dem unsere Kinder stehen sollen, und wir zerstören auch jede Hoffnung, das erlösende Salz und Licht unserer sterbenden Kultur sein zu können (...) Ganz bestimmt machen wir uns damit nicht beliebt. Aber wenn wir wirklich an den un-endlich-persönlichen Gott glauben – den Gott der Heiligkeit und Liebe –, wenn wir wirklich den Herrn und sein Wort und seine Kirche lieben, dann haben wir keine andere Wahl.»

Ich kenne die Müdigkeit, die Resignation im Kampf gegen den christlich gefärbten Einheits-Mainstream, die Unlust auf den «Aber-Mahnfinger». Doch dann sehe ich in die liebenden Augen des Mannes am Kreuz. Möchte ich sein Wort, seine Liebe verraten? Nein! ER, Jesus, soll mein Alles sein! Radikal! Die Liebe zu ihm drückt sich in Gehorsam seinem Wort gegenüber aus. Das ist zuweilen unbequem, aber es lohnt sich immer. Unsere «Radix» muss in Ihm sein, fest verankert – dann kann Jesus durch uns echte Frucht wirken. Nur das bewahrt uns vor geistlicher Blindheit, damit wir nicht von jedem Wind «christlich getünchter Lehre» mitgerissen werden.

Herzlich, Ihre

Daniela Wagner- Schwengeler
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2018-06-26

INPUT

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l Gegenfeuer

In Australien kommt es regelmässig zu verheerenden Buschbränden. Um sich vor den hungrigen Flammen zu schützen, legen die Einwohner kontrollierte Gegenfeuer. So wird dem Buschfeuer wirksam die Nahrung entzogen. Wo das Gegenfeuer sein Werk getan hat, kann das Buschfeuer nicht mehr wüten. Wer sich in…

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REPORTAGE

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l KALAHARI

EIN TRAUM, DEM EIN EIGENTÜMLICHER GERUCH VON STAUB, GEGRILLTEM FLEISCH UND FREIHEIT ANHAFTET.

ALLTAGSTAUGLICH

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l GOTTES BEFREIENDES GENDERPROGRAMM

Die «Bafta Awards» (Filmauszeichnun-gen)-Zeremonie, jährlicher Vorläufer der grossen Oscars, wurde im April 2017 in London als historischer Meilenstein gefeiert. Zum ersten Mal fielen die Genderkategorien «bester Schauspieler, beste Schauspielerin» weg und wurden mit einer geschlechtsneutralen…

INTERVIEW

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l SICH BEUGEN – ODER WOANDERS ARBEITEN!

«Der Preis, als Chefarzt verbrannt zu werden und Buhmann der Nation zu sein, hat mich schon beschämt.» So der Gynäkologe Thomas U. Börner im Gespräch mit ethos. Die konsequente Umsetzung seiner Überzeugung kostete ihn die Chefarzt-Stelle.

LEBENSRECHT

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l WEN WIR LEBEN LASSEN

Wir sind stolz darauf, wie inklusiv und liberal wir sind. Wenn es jedoch darum geht, behinderten Kindern den Weg ins Leben zu ermöglichen, tun wir als Gesellschaft einiges dafür, dass dies möglichst unterbleibt.

GEKREUZTE WEGE

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Arthur Ernest Wilder-Smith

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Unzählige Menschen kreuzen während des Lebens unseren Weg. Manche hinterlassen einen flüchtigen Eindruck, manche sind für eine gewisse Zeit wichtig und wenige prägen unser Leben nachhaltig. Sie hinterlassen Spuren, Fussstapfen, in die wir treten können. Eine dieser Persönlichkeiten war für mich Arthur Ernest Wilder-Smith (geb. 1915, gest. 1995).

FOCUS

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l FOKUS

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MEDIEN

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Handymania – wie ein verantwortungsvoller Umgang mit Smartphone & Co. gelingen kann.

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FREI – JESUS GEFUNDEN Ich war 15 Jahre bei den Zeugen Jehovas und möchte Ihnen mitteilen, dass auch das Lesen Ihrer Zeitschriften einen Teil dazu beigetragen hat, Jesus zu finden und frei von Religion und Organisation zu werden. Den Schritt hin zu Christus muss jeder selbst tun, aber Menschen wie…

POSTER

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Bemerkenswertes Spielfilmdebüt der jungen Regisseurin Carla Simón.

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MANN UND SEXUELLE REINHEIT

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«Raus aus der Opfermentalität!»

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Unsanft wurde ich von einem Bekannten während eines Liedes des Jugendchores aus meinen Gedanken gerissen: «Sag mal, siehst du auch die wunderhübsche Sängerin ganz vorne in der Mitte der ersten Reihe? Wie kann man nur so einen kurzen Rock und ein so…

FRAU UND SCHÖNSEIN

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– über Mechanismen, wie Parasiten auf Kosten anderer Tiere (Wirtstiere) leben, ihnen ihren Willen aufzwingen und sie gar in den Tod treiben.

INTERVIEW/JUGEND

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Bibellesen – eine lästige Pflicht? Nein, ein Vorrecht!

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Timo Weber, verheiratet, 30, Polizist in Luxemburg: Ich durfte in einer gläubigen Familie aufwachsen. Durch das Vorbild meines Vaters begann ich mit acht Jahren, die Bibel jedes Jahr einmal von vorne bis hinten durchzulesen. Mit acht Jahren? War…

KREATIV

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UNTER FREIEM HIMMEL

l Regendusche

DAS BRAUCHST DU Gartenschlauch Plastikflasche, 1,5 l Acrylfarbe in Türkis Prickelnadel oder spitzer Nagel je 15 Acryl-Schmucksteine in Blau, ø 6 mm, ø 8 mm und ø 10 mm UHU Alleskleber Reparatur-Klebeband in Silbergrau, 5 cm breit Draht, ø 1,5 mm, 1 m lang Drahtzange SO GEHT’S 1 …

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Im April 2018 war es endlich soweit. Über die Gemeinde und meine Familie schon lange mit der Arbeit von ethos open hands in Rumänien verbunden, bot sich mir und meiner Frau die einmalige Gelegenheit, sie einmal hautnah vor Ort erleben zu dürfen. Anlass dazu war…

KIDS

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Danny spaziert die Strasse hinab. Vor dem kleinen Laden von Herrn Birke stehen Rick, Max und Leon. Wenn das seine Freunde wären – das wäre cool! Betont lässig schlendert Danny auf sie zu und grüsst. Rick, der fast einen Kopf grösser ist, grinst: «Was geht ab, Kurzer?» Leon brummt: «Mach die Biege.»…

BÜCHER

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l BÜCHER

DIE VERZWEIFELTE SUCHE NACH GLÜCK In ihrem Büchlein beschreibt die Autorin die aktuelle Version von Prediger 1,14: «Ich sah all die Taten, die unter der Sonne getan werden, und siehe, alles ist Nichtigkeit und ein Haschen nach Wind.» Sie zeigt sehr anschaulich, wie verzweifelt die Menschen…

REZEPT

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1 Für das Malabi 250 ml der Milch mit der Maisstärke und dem Rosenwasser zu einer glatten Mischung verrühren. Die restliche Milch und die Sahne zusammen mit dem Zucker in einem Topf zum Kochen bringen. Vom Herd nehmen und die Maisstärke-Mischung mit dem Schneebesen in die heisse Milch einrühren.…

RATGEBER

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Die Ringelblume (Calendula officinalis) ist nicht nur als Heilpflanze bekannt, sondern mit ihren hellgelben bis knallorangen Blüten auch eine leuchtende Zierde für jeden Garten. Äusserlich angewendet fördert sie die Wundheilung. Die entzündungshemmende und granulationsfördernde Wirkung ergänzen sich…