

Amtlich versiegelt
ANGELIKA JACKSON
Ungläubig und erschrocken starrte ich auf die beiden Kleber an der Haustür unseres Nachbarn, Herrn W. «Amtlich versiegelt», las ich. Was war nur passiert? Die schlimmsten Vermutungen rasten mir durch den Kopf.
«Gott möchte uns versiegeln, versiegeln mit dem Heiligen Geist für ewiges Leben in seiner Gegenwart.»
Nein, nein, nein, das konnte doch nicht wahr sein! W. war ein alleinstehender, freundlicher, aber zurückgezogener Mann mittleren Alters. Nie sah ich jemand in seiner Begleitung. Trotzdem schien er immer gut gelaunt, hatte stets ein Lächeln oder ein freundliches Wort für mich. «Nur nicht übertreiben», rief er mir augenzwinkernd zu, wenn er mich beim Fensterputzen sah. Abends machte er regelmässig einen Spaziergang um das kleine Biotop nahe bei unserem Wohnblock. Ich sah ihn dann zwar nicht, hörte jedoch immer, wie er ein kleines Lied vor sich hin pfiff.
«Was ist mit W.? Wissen Sie etwas?», fragten mich die anderen Nachbarn. Wir durchforschten…